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Kann man Trockenheit vorhersagen?

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Wäre es nicht praktisch, schon einen Monat im Voraus zu wissen, ob das Wasser bald knapp wird? Fische könnten rechtzeitig gerettet werden. Jeder und jede könnte früher damit beginnen, Trinkwasser zu sparen. Mit seinen 30-Tage-Trockenheitsvorhersagen auf trockenheit.ch macht das Forschungsteam um Hydrologe Massimiliano Zappa dies möglich.

 

19.01.2021  |  Rahel Künzler

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Trockenheit entsteht, wenn über längere Zeit zu wenig Wasser - als Regen oder auch Schmelzwasser - in ein Gebiet fliesst.
  • Um Trockenheit vorherzusagen, braucht es Daten zur Wassermenge, Wetterprognosen und schnelle Computer.
  • Bäuerinnen, Betreiber von Wasserkraftwerken und Gemeinden studieren die Trockenheitsprognosen schon heute.
 

Wasser vom Helikopter serviert: Im Sommer 2018 transportierte ein Helikopter mehrere tausend Liter Wasser aus dem Walensee auf die Alp Obechäserein (Kanton St. Gallen). Sonst wären die Kühe und Rinder dort verdurstet. Wegen der Trockenheit sprudelte aus vielen Bergquellen kein Wasser mehr.

Heiss-trockene Sommer wie 2018 werden wir in Zukunft häufiger erleben. Das stellt nicht nur Bauern und Bäuerinnen, sondern auch Wasserkraftwerke und die Trinkwasserversorgung vor Probleme. Damit diese sich besser auf Wasserknappheit vorbereiten könnten, wäre es gut, wenn sie möglichst früh von einer kommenden Trockenheit wüssten.

 

Massimiliano Zappa ist Hydrologe; er beschäftigt sich mit der Wissenschaft des Wassers. An der WSL arbeitet Massimiliano seit 2010 am Forschungsprojekt «trockenheit.ch». Ziel des Projektes ist, Trockenheit vorherzusagen – ähnlich wie ein Wetterbericht Regen ankündet. Während die Wettervorhersage aber «nur» fünf Tage in die Zukunft schaut, wollen die WSL-Forschenden Trockenheit auf bis zu vier Wochen vorhersagen.

Dazu müssen die ForscherInnen nicht nur wissen, wie viel Regen fällt, sondern auch, wo sich das Wasser sammelt und wieder abfliesst. Schau dir das Bild eines einfachen Wasserkreislaufs an. Was als Regen – oder Schnee – aus den Wolken fällt, fliesst in die Flüsse und in das Grundwasser unter der Erdoberfläche. Ein Teil wird in Seen, im Boden oder als Schnee gespeichert. Von dort aus verdunstet das Wasser wieder und bildet Wolken.

 

Aus der Summe von allen Zuflüssen und Abflüssen können die Wissenschaftler die aktuelle Wassermenge in einem bestimmten Gebiet berechnen. Fliesst über längere Zeit mehr Wasser ab als dazukommt, reden die Wasserexperten von Trockenheit.

Genau genommen unterscheiden Hydrologen sogar drei verschiedene Arten von Trockenheit. Dies sind:

  • Hydrologische Trockenheit: zu wenig Wasser in Flüssen und Seen
  • Meteorologische Trockenheit: zu wenig Regen oder Schnee
  • Landwirtschaftliche Trockenheit: zu wenig Wasser im Boden (Bodenfeuchte)
 

Blick in die Kristallkugel

Nun kennen wir aber erst die aktuelle Wassermenge. Wie kann Massimiliano damit die Trockenheit in der Zukunft vorhersagen? Dazu braucht er zwei verschiedene Arten von Daten:

Zuerst sammelte er alle Daten zur Wassermenge in der Schweiz seit 1981. Daraus berechnete er die «normale» Wassermenge zu einer bestimmten Jahreszeit in 307 verschiedenen Gebieten der Schweiz – das ist zum Beispiel das Gebiet entlang der Limmat von Zürich bis Untersiggenthal (AG).

Als zweites kaufte Massimiliano die Langzeit-Wetterberichte des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) ein. Anders als ein «normaler» Wetterdienst macht das EZMW 30-Tage-Vorhersagen für den Regen in ganz Europa.

Mit diesen Informationen macht Massimilianos Forschungsteam ein Computermodell, ganz ähnlich wie bei der Wetterprognose. Aus der normalen Wassermenge und der vom EZMW vorhergesagten Regenmenge berechnen sie die Wassermenge in der Zukunft. Die Resultate der ziemlich komplizierten Berechnungen sind am Schluss auf einer farbigen Schweizerkarte zu sehen.

Darauf kann jede und jeder leicht herausfinden, ob das Wasser in seiner Wohnregion in den kommenden vier Wochen knapp wird. Rot heisst Wasserknappheit und blau steht für Wasser im Überfluss – immer im Vergleich mit den gleichen Kalenderwochen vergangener Jahre. Grün heisst, dass die vorhergesagte Wassermenge im normalen Bereich liegt.

 

Je dunkler ein bestimmtes Gebiet gefärbt ist, desto sicherer ist die Vorhersage. Wie der Wetterbericht ist auch die Trockenheitsvorhersage weniger sicher, je weiter man in die Zukunft schaut. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Langzeit-Regenprognosen unsicher sind.

Regen auf einem kleinen Gebiet vorherzusagen, ist besonders schwierig: «Manchmal spielt das Wetter verrückt. Wo genau sich eine Regenwolke entleert, können Wettermodelle 30 Tage im Voraus nicht genau vorhersagen», sagt Massimiliano.

Zusammen mit seinem Team überprüft der Hydrologe regelmässig, wie gut ihre vergangenen Trockenheitsvorhersagen waren. Bis zu 20 Tage in die Zukunft liegen sie meistens richtig. Trockenheit kann man also tatsächlich vorhersagen. Doch Massimiliano möchte das Computermodell weiter verbessern, damit die Vorhersagen noch genauer werden.

 

Achtung Trockenheit!

Massimilianos Trockenheitsvorhersagen sind auf der Informationsplattform trockenheit.ch zu finden. Schon heute werden sie von verschiedenen Leuten genutzt - zum Beispiel vom Fachstab Trockenheit im Kanton Thurgau. Das ist eine Gruppe von Experten in verschiedenen Bereichen – Försterinnen, Bauern, Fischerinnen, Feuerwehr und Polizei.

Wenn Wasserknappheit droht, trifft sich der Fachstab jede Woche und diskutiert die aktuelle Trockenheitsvorhersage. Die Experten entscheiden dann, welche Massnahmen nötig sind, um Wasser zu sparen und schlimme Folgen der Trockenheit – so gut es geht – zu vermeiden.

 

Im Sommer 2018 rief der Fachstab die Thurgauerinnen und Thurgauer dazu auf, den Rasen nicht zu wässern, das Auto nicht zu waschen und den Pool nicht zu füllen. Ebenfalls durften Bauern kein Wasser aus Bächen und Flüssen entnehmen und im Wald galt ein Feuerverbot.

In der nicht allzu fernen Zukunft sollen Massimilianos Trockenheitsprognosen auf dem Schweizer Naturgefahrenportal naturgefahren.ch zu finden sein. Dann kann sich jeder und jede – neben der aktuellen Gefahr von Hochwasser, Waldbrand, Lawinen etc. – auch über Trockenheit informieren.

 

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