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WSL-JuniorBiodiversitätBiodiversität erforschenWelche Gefahren gehen von ausländischen Pilzen aus?

Welche Gefahren gehen von ausländischen Pilzen aus?

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15.12.2016

 

Was ist denn das? Ein Alien? Ja, aber kein ausserirdischer, sondern ein ausser-schweizerischer: Der kuriose und nach Aas stinkende Tintenfischpilz stammt ursprünglich aus Australien. Er ist eine von über 300 Pilzarten in der Schweiz, die hier natürlicherweise nicht vorkamen und die zwei WSL-Forschende jetzt erstmals auf einer Liste zusammengestellt haben.

 

Viele dieser "neuen" Pilze sind Pflanzenschädlinge, andere hingegen kann man sogar essen. Dazu gehören solche mit skurrilen Namen wie Elfenbeinröhrling oder Rotbrauner Riesen-Träuschling. Letzterer ist aus Pilzzuchten in die freie Wildbahn entwischt. Von anderen Neulingen sollte man lieber die Finger lassen, zum Beispiel vom Parfümierten Trichterling aus Nordafrika. Er verursacht schwere Vergiftungen und kann von Pilzsammlern leicht mit den heimischen Trichterlingen und Rötelritterlingen verwechselt werden.

Neun von zehn Eschen vernichtet

Die meisten der "neuen" Pilze (Fachleute sprechen von Neomyceten, von den griechischen Wörtern neo=neu und mykes=Pilz) sind aber viel unscheinbarer: Sie wachsen als weisser, roter oder grauer Überzug auf Blättern oder als dunkle Flecken unter der Baumrinde.

Grossen Schaden können sie trotzdem anrichten. Ein bestimmter Pilz verursacht zum Beispiel das Eschentriebsterben, das derzeit in der Schweiz neun von zehn Eschen dahinrafft. Die Pilzsporen dringen in die Blätter ein, von dort wachsen die Pilzfäden auch in Äste und Stamm. Weil sie dabei das lebendige Wachstums- und Transportgewebe in der Rinde zerstören, stirbt der Baum ab. Manchmal kann sich die Esche noch retten, indem sie die befallenen Blätter abwirft. Diese Pilzkrankheit wurde 2008 erstmals bei Eschen in Basel nachgewiesen und hat sich innert weniger Jahre über die ganze Schweiz ausgebreitet.

Arten, die sich unkontrolliert ausbreiten und Schäden anrichten, nennt man invasive Arten. Acht solcher Pilze haben die WSL-Pilzspezialisten Ludwig Beenken und Beatrice Senn-Irlet identifiziert. Zum Glück sind die meisten der anderen 300 beschriebenen Neomyceten harmloser. Ein Fünftel lebt von abgestorbenen Pflanzenmaterial, weshalb man sie Saprophyten nennt (vom Griechischen sapros=verfault und phyton=Gewächs). Ganz wenige leben sogar in einer vorteilhaften Lebensgemeinschaft mit Bäumen, in einer Symbiose.

Exoten im Garten

Vier Fünftel der Neulinge sind zwar schädliche Parasiten, aber meist nur von exotischen Gartenpflanzen. "Sie dürften zusammen mit ihren Wirtspflanzen über den Pflanzenhandel nach Europa und entweder über den Handel oder den Sporenflug auch in die Schweiz gekommen sein", erklärt Ludwig Beenken. Darum kommen auch die meisten Neophyten im Mittelland vor, wo viele Menschen leben und ihre Gärten bepflanzen.

Manche der Neomyceten sind schon seit über 100 Jahren im Lande. Der seltsame Tintenfischpilz ist seit 1942 in der Schweiz bekannt. "Dass gebietsfremde Pilze in der Schweiz vorkommen, ist zwar kein neues Phänomen, doch es passiert immer häufiger", sagt die Pilzwissenschaftlerin Beatrice Senn-Irlet.

Denn der globale Handel nimmt zu und die Klimaerwärmung ermöglicht es wärmeliebenden Pflanzen und Pilzen sich in der Schweiz anzusiedeln. Deshalb sollten, wie die Forschenden finden, Importe lebender Pflanzen, aber auch transportiertes Holz und Erde, umfassender kontrolliert werden als es derzeit der Fall ist.

   

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